Archiv für die Kategorie „Der Weltraum – unendliche Weiten“
Ist alles so schön bunt hier
Trüber Novemberoktober, Niesel und Dunkelheit allerorten – aber es gibt Hoffnung. Leuchtende Hoffnung! Strahlende Hoffnung! Ein Farbe gewordenes Renn von einem Carbon-Rad: das Topmodell von Alan. Das Super Corsa RC. In der optimistischsten Lackierung ever – Haywire Edition #2.
Zum vor Lebensfreude Verrücktspielen! Nehmt das, ihr unifarben Gewandeten auf euren mattschwarzen Maschinen: È arrivata la primavera!
Seit 1972 mischen die Fahrradbauer von Alan aus der Provinz Padua im Rennrad-, Cyclocross- und Bahnradgeschehen mit, …
… setzten dabei von Anfang an (und eigens patentiert) auf die neue Leichtigkeit dank Aluminium und produzierten schon 1976 ihre ersten Rahmen aus Carbon. Aber noch nie so funky wie nu!
Alan Super Corsa RC Haywire Edition #2
- geradezu filigraner Carbon-Rahmen mit nur 850 Gramm – weil: „higher grade high modulus carbon fiber and a monocoque construction technique that allows for a reduction of internal thicknesses“
- Carbon-Gabel mit nur 350 Gramm
- Carbon-Lenker Deda Superzero RS
- Carbon-Sattelstütze Alan 056
- Carbon-Laufräder Miche SWR 40
- elektronische Schaltung: Shimano Ultegra Di2 R8170
- ohnehin sortenrein aufgebaut, also auch Ultegra-Scheibenbremsen
- Sattel: San Marco Aspide Short Open Fit
- Bereifung: Continental Grand Prix 5000 S TR
- sensationelle Farbgebung
- in Größe S
- kostet als Sonderpreis: 6539€
Zum Reinschnuppern: So sieht es bei Alan selbst gefilmt aus…
Zum Erleben: Rumkommen und in echt inspizieren! Und vom ersten Alpenritt mitten hinein in den adäquat erleuchteten Sonnenuntergang träumen. Hach.
Immer an der Wand lang
Gerade so eben haben wir ihn überstanden, den 12. Oktober und damit den Internationalen Tag der Frustrationsschreie. Zeit, sich jemanden mit extrem hoher Frustrationstoleranz anzugucken! Und mit ohne Beinbruch!
Brust rein!
Nicht nur Touris scheinen sich oberbekleidungsmäßig öfter danebenzubenehmen im Kalabrischen – die Camping-Bar von Praia a Mare ziert eine entsprechendes Doppel-Beschilderung: Zielort beim Giro d’Italia 2016! Eintritt mit nacktem Oberkörper verboten!!
Unklar bleibt, ob damit der ein oder andere Rennradrennenmitrenner gemeint sein könnte…
…oder es doch um den damaligen Gesamtsieger Vincenzo Nibali geht. Der „Hai von Messina“ hat jedenfalls sicher sein Outfit angepasst – irgendwie musste er ja nach dem Podiumsschampus an’nen Caffè kommen!
Nice try
Man nehme zwei Rennräder und schweiße sie zu einem Renn-Tandem zusammen, das dann auf einer Rad-Tour von Schweden Richtung Süden halten soll. Und wenn dann auf der Rückreise ein Auffahrunfall glimpflich ausgeht, aber eine verbogene Gabel zur Folge hat und man ja aber trotzdem irgendwie nach Hause strampeln muss, dann besuche man eine Fachwerkstatt und hole sich Tipps. Zum Beispiel: Setze dich vors Rad, stelle einen Fuß auf die Pedale – und dann ziiiieeeeh die Gabel kräftig nach vorne…
Und wenn das dann nicht reicht, weil auch das Steuerrohr verbogen ist und deshalb trotzdem der Reifen am Rahmen schleift, dann gibt’s eben doch eine längere Ersatzgabel. Nun ja, da passt dann auf die Schnelle keine der langschenkligeren Bremsen, die so eine Fachwerkstatt immer rumliegen hat – aber mit der alten sollte es gehen, zumindest, wenn du dir dann abends auf dem Campingplatz (auf dem man nicht im Zelt, sondern bloß in einer Hängematte schläft, weil die Wettergottheiten zuweilen eben doch auf der Seite der Radtourenden sind) eine Feile zur Hand nimmst und die Bremsbeläge ein bisschen runterfräst. Dann heißt es nur noch: lycka till! Weil zumindest bis nach Hause sollte es reichen. Danach muss es leider heißen: Hejdå, geliebter Totalschaden! Und Danke für die Abenteuer!
Auguri, Fiat!
Genau vor 125 Jahren gründeten neun Entrepreneure in Turin die Fabbrica Italiana Automobili Torino. Automobili? Was haben die hier zu suchen? Abgesehen von der Liebe zum 2300er Familiare sogar etliches! Denn die Erfahrenen unter uns werden sich an das Jahr 1977 erinnern, als Eddy und seine Teamkollegen in den Farben von „Fiat France“ unterwegs waren:
Fünfzehn Jahre später wurde eines der sonderlichsten Concept Cars geschaffen, mit dem jemals die Symbiose von bicicletta und auto versucht wurde: der 1992er Fiat Cinquecento Z-ECO concept by Carrozzeria Zagato… Hier die ganze Modellreihe – und hier ein Vorgeschmack:
Und die richtig, richtig Erfahrenen unter uns werden sich sogar erinnern, dass auch der ausgesprochen automobili-zentrierte Bauer einst eine eigene Fahrrad-Produktion hatte. 1909 begannen die Planungen dazu, als alle Welt dem Bicycle Craze unterlag und die Turiner mithalten wollten. Francesco Di Sario hat für die Associazione Velocipedistica Piemontese eben diese kurze Fiatfahrradepoche wunderschön beschrieben – und übrigens auch ein auf Deutsch übersetztes Buch über die Turiner Fahrradtechniklegende Tommaso Nieddu verfasst. Aber zurück zum Team Fiat: Dessen Geschichte begann mit einem Paukenschlag! Am 31. Oktober 1910 wurden auf einer neuen Radrennbahn mit Betonbahn der italienische Rekord für 100 km und der Weltrekord für die Stunde gebrochen.
Für 1911 war das Profiteam komplett. Nun fuhr auch Ex-Peugeot-Star Lucien Mazan alias Petit Breton, „kleiner Bretone“ also, für den ambitionierten Rennstall „Cicli Fiat“, der etliche Etappensiege bei diversen Rundfahrten und einmal in Person des kleinen Bretonen auch nur gaaaanz knapp nicht den Giro-Gesamtsieg einheimste – Schuld war eine defekte Hinterradnabe mit Getriebe (das er selbst unbedingt gewollt hatte). Mazan musste auf der elften Etappe von Bari nach Neapel aufgeben.
1912 war alles wieder vorbei – der Libyenkrieg verlangte nach Fahrzeugen und Ausrüstung, nicht nach Fahrrädern. Di Sario zitiert den damaligen Fiat-Fahrer Eberardo Pavesi aus „L’avocatt in bicicletta“ von Gianni Brera: Der Fahrrad-Sektor-Manager Follis sei sehr freundlich gewesen und habe dem Team mitgeteilt, dass Fiat „bereits zu viele Autos herstellte und die Fahrradabteilung erweitert oder abgeschafft werden müsse. So wie es war, kam es nicht zurecht.“
Das Ende vom Lied: Die Produktion wurde aufgegeben, der Rennstall abgewickelt. Alle Verträge wurden „auf diese angenehme Art und Weise gelöst: dass wir das letzte bisschen Geld bekommen und viel Glück.“ Der Rest ist Geschichte. Und Pavesi, der flugs zum „Team Atala“ wechselte, feierte noch im selben Jahr seinen einzigen wirklich großen Erfolg: den Gesamtsieg beim Giro d’Italia. Dem er dann ab 1920 als direttore sportivo von zunächst Bianchi und dann Legnano einen draufsetzte: Pavesi war es, der zahlreiche Talente entdeckte und förderte, unter ihnen ein Alfredo Binda, Gino Bartali und Fausto Coppi!
Kein Quatsch: Es ist Tour de France
Aber die von 1975 war vielleicht noch ein büsken lustiger (;
Modern Bikepacking
Was machst du, wenn du mit deinem Böttcher Evolution in der Atacama-Wüste unterwegs und gerade erst vom Dengue-Fieber genesen bist, dennoch schon etliche Nächte mit Touren auf bis zu 4.200 Meter Höhe abreißen musstest, weil es tagsüber so windig ist, dass du kaum gucken kannst, geschweige denn irgendwie Strecke machen, sodass stundenlanges Radfahren im Stockdunklen bei teilweise -5 Grad immer noch die bessere Lösung scheint – und dann steht dir eine weitere Kletter-Eskalation auf 4.800 Meter bevor?? Da kannst du dich im Nirgendwo an der chilenisch-argentinischen Grenze schon mal mit einem Polizisten festquatschen, der für jedes Fahrzeug die Absperrung beiseiteräumen muss,…
…sich über Gesellschaft freut und gerne bereit ist, die Brummi-Fahrer anzuschnacken, ob sie dich und dein Fahrrad nicht einfach mitnehmen können, und wenn José aus Argentinien dann zustimmt und auch gleich seine Skills im Modern Bikepacking beweist…
…dann kannst du einfach mal glücklich sein und die Chance nutzen.
Carmen: Alles richtig gemacht! Das Böttcher Evolution hat den Höllentrip gut überstanden – und oben dann ging es dann satte 2.000 Höhenmeter rollend bergab. Jetzt auf gerade mal 2.800 Metern Höhe fällt auch das Atmen wieder leichter…
Genieß dein Abenteuer weiter in vollen Zügen!!! Das ist so wow alles!!! Und soooo groß!!!
Recht auf Reparatur – jetzt auch in Europa
Sauber, liebe EU! Der Rat muss noch zustimmen, aber das gilt als Formsache; bald also werden die vom Parlament auf Vorschlag der Kommission verabschiedeten Regeln zum „Recht auf Reparatur“ gültig sein, die dem Trend der letzten Jahre entgegenwirken sollen: Dass technische Geräte zum einen eine „eingebaute Obsoleszenz“ haben, ihre Funktionsfähigkeit also nur auf den zeitlichen Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung ausgelegt ist. Und dass andererseits die Reparatur dieser Geräte entweder erschwert wird (durch fehlende Ersatzteile oder Reparaturstätten) oder eben im Vergleich zur Neuanschaffung (durch unverhältnismäßig kostspielige Ersatzteile oder Reparaturen) unangebracht teuer ist. Betroffen sind „schwere Haushaltsgeräte“ wie Kühlschränke, Waschmaschinen oder Geschirrspüler, aber auch Smartphones, Fernseher, Tablets oder – tada! – Fahrräder.
Der Knackpunkt dabei: Nach Ablauf der Gewährleistung verlagert sich die Verantwortung für das Recht auf Reparatur vom Handel zum Hersteller. Und nach der Reparatur wiederum soll eine Gewährleistung eingeführt werden, die ein Jahr lang gilt. Das wird dann also alle Hersteller, die vom Direktkauf via Internet leben, in Zukunft vor Herausforderungen stellen, um ein ganz neues Repaturmanagement durch noch aufzubauende, eigene Werkstätten zu etablieren.
Das Ziel dieser Regelung als Teil des „European Green Deals“ ist hehr: Durch Verlängerung der Lebenszeit von Produkten die bisher absurd hohen Mengen an Müll und die dadurch entstehenden Treibhausgase zu reduzieren. Die Europäische Kommission hatte 2023 den Effekt des Gesetzes für einen Zeitraum von 15 Jahren geschätzt: rund 18,5 Millionen Tonnen Treibhausgase, 1,8 Millionen Tonnen Rohstoffe und 3 Millionen Tonnen Abfall sollen eingespart werden. Was uns Verbraucher*innen gleichzeitig geschätzte 176,5 Milliarden Euro bringen würde, wenn Produkte nicht entsorgt, sondern repariert würden.
Die EU-Mitgliedsländer haben zwei Jahre Zeit, ihre nationale Gesetzgebung entsprechend anzupassen. Und das wird aufwendig. Denn so logisch und im Grunde alternativlos das Vorhaben klingt: Hersteller müssen zur Mitarbeit verpflichtet, die Preislandschaft für die unüberschaubar vielen Ersatzteile überwacht, das Mitwirken der Konsument*innen im Kopf vorbereitet und durch finanzielle Anreize in die Realität umgesetzt werden (etwa „Reparaturgutscheine“, mit denen sich der Staat an den Kosten beteiligt). Und nicht zuletzt muss ja die dafür nötige Infrastruktur für diese neuen Reparaturkreisläufe erst etabliert werden. Geplant ist hier etwa der Aufbau einer einheitlichen europäischen Online-Vermittlungsplattform für Werkstätten und sog. Reparaturcafés…
Das wird spannend, wie es gelingt, sich bei all dem nicht in zu vielen bürokratischen und teuren Prozessen zu verstricken, sondern die beabsichtigte Zeitenwende im Alltag durchzubringen! Denn die verwässernde Wahrheit ist auch: Jeder EU-Staat muss (nur) mindestens eine Maßnahme zur Förderung von Reparaturen einführen. Na ja. Und solche Elektrogeräte, die nicht unter die „Ökodesign“-Verordnung der EU fallen (schreibt die Lieferung von Ersatzteilen innerhalb einer bestimmten Frist vor), sind bisher ausgenommen. Was etwa bei E-Scootern, Toastern oder Kaffeemaschinen der Fall ist. So, so.
Es gibt also reichlich viel zu tun, aber einzelne Mitgliedsländer sind schon relativ weit und haben angefangen, Regelungen umzusetzen: Frankreich ist mit Abstand am weitesten und hat die „Geplante Obsoleszenz“ im Verbraucherschutzgesetz sogar als „Täuschung“ definiert, die mit bis zu zwei Jahren Haft und 300.000 € Geldstrafe geahndet werden kann. In Belgien gilt ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz von 6% auf kleinere Reparturen an u.a. Fahrrädern, Österreich gibt Anti-Elektroschrott-Reparaturgutscheine aus (decken die Hälfte der Kosten bis zu einem Höchstbetrag von 200 Euro ab). Hier gibt es einen ersten Überblick vom Europäischen Verbraucherzentrum auch zu Einzelländern, der wohl stets wachsen wird. Mindestens für Deutschland, denn auch wenn der Koalitionsvertrag schon 2021 Großes versprach: „Die Lebensdauer und die Reparierbarkeit eines Produktes machen wir zum erkennbaren Merkmal der Produkteigenschaft (Recht auf Reparatur)“ – die Umsetzung ist noch überschaubar.
Wir hier jedenfalls haben aus gutem Grund unsere Werkstatt nicht in eine Nische verbannt, sondern reparieren schon immer in der Mitte des Ladens: Im Herz des at schlägt die Stätte des Werkens.
Und die Brexitarians halten sich da ohnehin fein raus. Nun ja, sie haben ja auch einen Spezialisten für solche Fälle, wie Monthy Python schon 1969 verrieten: den Bicycle Repair Man, with the impressive superpower of being able to repair a bicycle with his own hands. Chacka!
Un plaisir simple
Wer jemals in Frankreich oder Italien am Samstag oder Sonntag auf kleineren oder kleinsten Straßen unterwegs gewesen ist, wird sich für immer an die Grüppchen älterer und sehr alter Menschen auf älteren oder sehr neuen Rennrädern erinnern, die in angewetzten Trikots und mit einem sehr zufriedenen Gesichtsausdruck, zuweilen parlierend, aber meist hoch konzentriert und mit einem heiligen Ernst Hügel und Windkanten bezwingen. Am späteren Nachmittag sind die örtlichen Cafés voll von diesen vielleicht müden, aber unermüdlich in sich ruhenden cyclistes oder ciclisti, die vor einem vin blanc oder caffè sitzend die Plastiktische umrunden und darunter mit ihren Schuhen rumklickern. Und alle haben ihre eigene Geschichte. Manchen muss vom Rad oder wieder rauf geholfen werden, aber fahren tun sie alle noch.
Und das tut auch Benjamin Piovesan, der Ende 2023 seinen 90. Geburtstag feierte. Und weil sein Enkel Florent Dokumentarfilmer ist, lassen die beiden uns teilhaben an Benjamins Leben und seiner spät entdeckten Fahrradleidenschaft: un plaisir simple. Mit viel Würde und in eigenem Rhythmus: einfach wundervoll.
Und schon 2013, als Benjamin kurz davor war, seinen vierten zwanzigsten Geburtstag zu feiern, entstand ein erster kurzer Film zu ihm von Florent. Irgendwie geht es gar nicht anders, als seinem Großvater die Daumen zu drücken, dass wir 2034 eine nächste Episode zu sehen bekommen. Hach.
You feel free when you’re riding bike
So und nicht anders isses. Empowerment auf Kenianisch, mit den Cycling Women von Mama Cycling auf Nairobis Straßen und weit darüber hinaus: Happy International Women’s Day all over the world – share the road and make anything possible!