Artikel-Schlagworte: „fahrradreparatur lübeck“
Nice try
Man nehme zwei Rennräder und schweiße sie zu einem Renn-Tandem zusammen, das dann auf einer Rad-Tour von Schweden Richtung Süden halten soll. Und wenn dann auf der Rückreise ein Auffahrunfall glimpflich ausgeht, aber eine verbogene Gabel zur Folge hat und man ja aber trotzdem irgendwie nach Hause strampeln muss, dann besuche man eine Fachwerkstatt und hole sich Tipps. Zum Beispiel: Setze dich vors Rad, stelle einen Fuß auf die Pedale – und dann ziiiieeeeh die Gabel kräftig nach vorne…
Und wenn das dann nicht reicht, weil auch das Steuerrohr verbogen ist und deshalb trotzdem der Reifen am Rahmen schleift, dann gibt’s eben doch eine längere Ersatzgabel. Nun ja, da passt dann auf die Schnelle keine der langschenkligeren Bremsen, die so eine Fachwerkstatt immer rumliegen hat – aber mit der alten sollte es gehen, zumindest, wenn du dir dann abends auf dem Campingplatz (auf dem man nicht im Zelt, sondern bloß in einer Hängematte schläft, weil die Wettergottheiten zuweilen eben doch auf der Seite der Radtourenden sind) eine Feile zur Hand nimmst und die Bremsbeläge ein bisschen runterfräst. Dann heißt es nur noch: lycka till! Weil zumindest bis nach Hause sollte es reichen. Danach muss es leider heißen: Hejdå, geliebter Totalschaden! Und Danke für die Abenteuer!
Knackpunkt
Von edler „Campagnolo“-Herkunft und gar nicht alt – aber wer 413 Mal nach Dithmarschen und zurück mit dem Rennrad fährt, muss beim 414. Mal wohl damit rechnen, dass sich das Innenlager mit knacksendem Knirschen in die Rente verabschiedet. Und so sieht die Innenlagerschale dann eben auch aus…
OMG: Ü40!
Alejandro Valverde zieht mit seinen 43 Lenzen bei der UCI Gravel World Serie durch, die vierzigeinhalbjährige Annemiek van Vleuten lässt sich weder von Jungspund Demi Wollering (26,5) noch von den Covadonga-Bergen der Picos de Europa (rund dreieinhalb Millionen Jahre) oder dem *brrrrr* asturischen Frühlingsnebel (zeitlos) narren und schnappt sich den Gesamt-Titel: ganadora de La Vuelta Femenina 2023. Chapeau!
Frühling! Mit Böttcher! In bunt!
Wie abgesprochen: mit rahmengleich lackierten Kettenkästen in mehr als warmen Farben. Hamwer uns gefreut! Ein Böttcher Dakkar Meral in „Honiggelb“, dazu das Böttcher Safari Curve in „Reingrün“, beide am selben sonnigen Tag angekommen und abgeholt. Besser lässt sich Böttchers sattes Farbmanagement nicht feiern…
Raus und lang zwischen Rapsfeldern und Saftigwiesen!!
Luft und Sonne.
Endlich!
Neige-Bastogne-Neige
Vor fast genau 43 Jahren, am 24. April 1980 nämlich, erlebte die Radsportwelt das ungemütlichste, forderndste, kurzum ekligste Liège-Bastogne-Liège aller Zeiten: Im Schnee und bei niedrigen Temperaturen kamen von 174 gestarteten Fahrern letztlich nur 21 ins Ziel. Mit fast zehn Minuten Vorsprung war Bernard Hinault damals der Erste, der sich zum Aufwärmen nach drinnen flüchten durfte. Ohne Regenjacke fuhr er damals der Kälte davon – und halt auch allen anderen. Der Dank: Champion der ersten und letzten Austragung von Neige-Bastogne-Neige („Schnee-Bastogne-Schnee“) – und der Verlust des Gefühls in den letzten beiden Gliedern seiner beiden Zeigefinger, wohl durch Erfrierungen. Aua!
Liège-Bastogne-Liège hat viele Geschichten geschrieben, und Demi Vollering und Tadej Pogacar könnten am Sonntag ihre ganz eigenen vervollständigen, denn mit einem Sieg hätten beide alle Ardennen-Klassiker des Jahres 2023 gewonnen!
Start der Frauen ist um 8.40h, die Männer folgen ab 10.30h. Alles live zu verfolgen bei Eurosport: ab 11.15h die Frauen, ab 15h die Männer. Und das Wetter hat wohl ein Einsehen; es ist zwar Regen angesagt, aber bei 13 Grad lässt sich La Doyenne viel kommoder ertragen.
Zurück in die Zukunft
Bei Paris-Roubaix neulich gab’s ja diesmal keinen Megamatsch, dafür aber Besuch von janz weit weg…
…und passend dazu wartet die ganze Welt verzweifelt auf priesen es Infos aus Pressemitteilungen der „Smart Tire Company“ an: das nächste große Ding aus dem Orbit!!! Weltraumtechnik!!! NASA!!! Wow!!
Der „METL“-Reifen besteht aus „aus einem super-elastischen Material“ namens NiTinol+ (eine Nickel-Titan-Legierung), „mit hoher Elastizität und Energie-Rückgabe“ und funktioniert luftlos. Ideal natürlich bei so Pavé-Sektoren auf dem Weg nach Roubaix oder on Tour auf Lübecks Kopfsteinpflaster. Platten mag nämlich niemand, und durch die 2023 neu eingeführte Gummibeschichtung des 2021 vorgestellten Reifens, der zuerst AUF DEM MARS bei den Rover-Missionen (hallihallo!) zum Einsatz kam, versprechen sich die Hersteller ein noch komfortableres Fahrgefühl mit mehr Grip.
Die Einführung ist „noch für dieses Jahr“ geplant, mal sehen. Kosten soll ein METL-Reifen „zwischen 100 und 150 Dollar“. Wenn’s denn funzt?! Wenn’s denn knorke fährt?! Soll ja, angeblich.
Einigermaßen verrückt jedenfalls, dass vor mehr als 125 Jahren schon diverse Patente von Veloziped-Freaks eingereicht wurden, die dieselbe Idee hatten: Pannenschutz in luftlos (oder nur optional aufzupumpend). Damals sollten figgelinsche Federverbauungen zwar sicher nicht das Fahrgefühl optimieren, aber eben doch vor ständigem Liegenbleiben (auf 1896 noch nicht buckelfreien Pisten) schützen.
„Diese Erfindung bezieht sich auf Reifen, die speziell zur Verwendung an Fahrrädern und anderen Fahrzeugen ausgelegt sind, und das Ziel in Sicht ist die Bereitstellung eines mechanischen Reifens, der in seiner Wirkungsweise einem Kissen- oder Luftreifen ähnelt, wobei die Elastizität durch das Mittel einer Reihe von angeordneten Federn erhalten wird um die Radfelge und in einer geeigneten Hülle oder Abdeckung eingeschlossen, wodurch die Notwendigkeit eines Luftreifens entfällt und die Nachteile eines häufigen Durchstechens und Reparierens bei der Verwendung von Luftreifen vermieden werden.“ Nämlich!!
Gleich zwei weitere Patente wurden im Laufe des Dezembers 1896 beim United States Patent and Trademark Office angemeldet. Zuerst eines, das sogar zwei verschiedene Feder-Arten offerierte:
Etwas simpler dann Patent 574,015; auch der Text dazu mutet nahezu bescheiden an:
„Vorzugsweise kann mein verbesserter Reifen verwendet werden, ohne aufgepumpt zu werden, wobei die Feder D dazu dient, den Reifen in seiner richtigen Position zu halten und ihm Elastizität zu verleihen; aber der Reifen kann, falls gewünscht, auch auf die übliche Weise und durch die üblichen Mittel mit Luft aufgepumpt werden, und in diesem Fall dienen sowohl die Luft als auch die Feder dazu, dem Reifen Elastizität zu verleihen und ihn in der richtigen Form zu halten.“
Wie sich diese Federreifen wohl fuhren? Und ob die NASA-Technik zukunftsfähig ist? Ist doch jedenfalls absurd, dass wir uns immer noch vor Splitt, Nägeln, Steinchen, Hubbeln fürchten müssen…
You are Gold
Am Sonntag geht es weiter im Klassiker-Modus: mit dem Amstel Gold Race 2023 – schade zwar, dass sich die Begleitfahrzeuge so sehr gewandelt haben…
(Bild: Public domain photograph – 1974 by The Algemeen Nederlandsch Fotobureau/ANeFo)
Aber nicht nur bei Regenwetter die perfekte Sonntagsbeschäftigung: Eurosport überträgt ab 13h, erst die Ladies, dann die Men. Mit Cauberglegendenschleife und einmal alles.
Capital Africana de Bicicletas
Die Verteilungskämpfe, die um den öffentlichen Verkehr und die Teilhabe von Menschen zu Fuß und auf dem Rad geführt werden, sind schon hierzulande schwer genug. Aber wie sieht es in Städten aus, die mit weit mehr Problemen zu kämpfen haben als der ideologischen Ausrichtung von Verkehrspolitik? Stefan Ehlert hat für den Deutschlandfunk (hier anhören!!) in der selbsternannten „City of Bicycles“ nachgeforscht: in Quelimane, der Hauptstadt von Zambézia, einer Provinz in Mosambik. Deren Bürgermeister Manuel de Araújo regiert dort seit 2011 und hat sich von Anfang an für den Ausbau des Radverkehrs eingesetzt.
Was banal klingt, war dort eine kleine Sensation: In Quelimane, wo es bis dahin weder Ampeln noch Zebrastreifen gab, wurde vor ein paar Jahren der erste Radweg Mosambiks eingeweiht. Eigentlich logisch, denn Radfahrer*innen machen nach Fußgänger*innen den Großteil des Straßenverkehrs aus; und trotzdem eine hart durchgesetzte Entscheidung.
Araújo und sein Regierungs-Team machten damit aus der Not eine Tugend, denn dass dort mehr Menschen zu Fuß gehen oder Fahrrad fahren, ist Ausdruck von Armut, nicht eine bewusste Entscheidung im Sinne des Klimaschutzes. Aber: Wenn sich schon nicht alle, die gerne ein Auto hätten, eines leisten können, so sollen sie wenigstens unter bestöglichen Umständen alternativ unterwegs sein. Und umweltgerecht ist das eben auch. Und darf dann auch gerne gefeiert werden! In Quelimane wollen sie als capital africana de bicicletas die Transition des Kontinents zum sustainable transport anstoßen. Deshalb setzt Araujo seine internationalen Gäste auch erst mal aufs Rad und fährt mit ihnen durch die Stadt – auch wenn er dabei zuletzt durch einen eigenen Fahrradunfall auf einer Tour mit den Botschaftern der USA und Indonesien unfreiwillig demonstrierte, wie gefährlich Quelimanes Straßen zuweilen noch sein können auf zwei Rädern.
Was Quelimanes Stadtbild prägt, sind die mehr als 5000 taxis de bicicleta, die damit womöglich ebenso viele Staupotenziale auf vier Rädern ersetzen. Und nicht nur das: Rund um die taxistas entstand ein Netzwerk aus Teilehändlern und Freiluft-Reparaturwerkstätten. Denn die Räder aus indischer oder chinesischer Produktion haben zwar weder Gangschaltung noch Licht und wurden im Zuge der Coronakrise beständig teurer, aber eben nicht qualitativ besser. Um von den 20-30 Cents, die eine Fahrt mit Passagier*in auf dem schmalen, gepolsterten Gepäckträger bringt, leben zu können, wird es deshalb immer enger: alle paar Tage ist wieder eine Reparatur fällig. Umso wichtiger also, dass zumindest die Arbeitsumstände sicherer werden und ein weiteres Geschäftsrisiko minimieren.
In Maputo, Mosambiks Hauptstadt und mit 3 Millionen Menschen ungleich größer als Quelimane, leben Radfahrer*innen auch ungleich gefährlicher. Auch dort fahren taxistas de bicicletas, haben aber gegen die Massen an Autos und Bussen, die Tag für Tag fast 500.000 Pendler*innen in die und aus der Stadt bringen und Ampeln zu gerne ignorieren, kaum eine Chance. Ebensowenig wie die, denen das Fahrrad als Sportgerät gefällt. Das sind immerhin einige hundert – fahren allerdings können sie in erster Linie nur morgens gegen 5 Uhr, auf der prominenten Uferstraße. Nach 7 Uhr wird das zu gefährlich, auch wenn einige sich mit einem Radargerät behelfen, das sie warnt, falls ein (zu) schnelles Auto von hinten kommt… Zum Vergleich: In Mosambik gibt es ähnlich viele Verkehrstote wie hier – allerdings fahren in Deutschland etwa 13 Mal mehr Autos.
Doch im Gegensatz zu Quelimane rechnen die Rad-Aktivist*innen von Maputo nicht damit, dass sie trotz organisierten Protests ihr Ziel bald erreichen: Das Fahrrad wie in Quelimane als Massenphänomen durchzusetzen und auch dort den 1. Radweg anzulegen. Das Projekt ist längst geplant, aber die Rad-Vereinigung Maputos bleibt realistisch: In fünf Jahren könnte es soweit sein!!!
Auf dem Land hingegen bleibt das Fahrrad lebenswichtig. Deshalb hat Maputos einzige Fahrradfabrik „Mozambikes“, die gleichzeitig ein social venture ist, genug zu tun und liefert jede Woche 350 Räder aus, die mit belastbaren Gepäckträgern für den ruralen Warentransport konzipiert sind, aber auch ohne Schaltung (der kaum zu realisierbaren Wartung wegen) für das Unterwegssein an sich unverzichtbar sind. Nicht zuletzt mit Spenden aus aller Welt organisiert Mozambikes nicht nur Workshops zum Fahrradfahren, sondern stattet auch Schulen, Kleinunternehmen und öffentliche Einrichtungen mit Rädern aus. Motto: One Bicycle at a Time. Und daraus sind seit 2010 schon unzählige geworden, und jedes einzelne bedeutet Unabhängigkeit, Bewegungsfreiheit, Empowerment.
In Quelimane jedenfalls bleibt Araújos Team optimistisch. Nächster Schritt: eine erste Fahrrad- und Zu-Fuß-Straße, komplett gesperrt für den motorisierten Verkehr. Noch 2023 soll es soweit sein. Sehr, sehr gut.
Und überhaupt!
Frohsinn, Gesundheit, einmal alles: auf zwei Rädern.
…also es sei denn, Du bist Radprofi und Sprinter. Dieser bedauernswerte Fabio Jacobsen ist ja allmählich Survivor Nummer 1!
Wenn das Kopfsteinpflaster oder wurzelbucklige Fahrradwege mal wieder nerven…
…einfach ruhig bleiben.
Es geht doch viel, viel schlimmer!
Noch eine Woche, dann gibt’s Sand, Schlamm, Sand, womöglich Schnee, Sand, Berge, Sand, Kurven, Sand, Matsch, Sand oder gar Eisrillen satt bei der Cyclocross-WM in Hoogerheide. Yessss!